Recht-Spezial

Nachmessen der Wohnfläche kann sich lohnen !



Wer als Mieter eine Wohnung anmietet, geht grundsätzlich davon aus, dass die Angaben des Vermieters im Mietvertrag auch stimmen. Bei den Angaben zur Wohnungsgröße lohnt es sich jedoch oftmals, diese näher zu überprüfen. Oftmals sind viele Wohnungen tatsächlich erheblich kleiner als vom Vermieter im Mietvertrag angegeben.

Nach statistischen Untersuchungen sollen nahezu 80 Prozent aller Kauf- oder Mietverträge unrichtige Angaben zur tatsächlichen  Wohnfläche enthalten.

Häufigste Fehlerquellen hierbei:

- Balkone, Terrassen, Freisitze bzw. Loggien werden oftmals mit der vollen  
  Quadratmeterzahl berücksichtigt, Kellerräume oder außerhalb der Wohnung
  befindliche Vorrats-/Abstellräume werden mit in die Wohnfläche einbezogen

- Räume mit zum Teil niedriger Höhe ("Dachschrägen") werden mit der vollen
  Grundfläche in die angegebene Wohnfläche eingerechnet

 

Mittlerweile hat der Bundesgerichtshof (BGH) in mehr als 40 Entscheidungen zu der Thematik "Wohnflächenabweichung in Mietverträgen" Stellung bezogen. 

Für die Angaben des Vermieters zur Wohnfläche ist hiernach grundsätzlich die Wohnflächenverordnung (WoFlV) maßgeblich. Diese führt regelmäßig zu (deutlich) geringeren "Wohnflächen" als z.B. technische DIN-Normen, welche von Bauingenieuren und Architekten verwandt werden.

Während es für Bauingenieure und Architekten bei der Errichtung eines Objekts keine Rolle spielt, wie hoch die lichte Raumhöhe ist, werden nach der Wohnflächenverordnung (WoFlV) Raumbereiche, die lediglich eine Höhe zwischen einem und zwei Metern aufweisen, nur zu einem hälftigen Anteil in die Wohnfläche eingerechnet.

Raumbereiche, die eine lichte Höhe von weniger als einem Meter aufweisen, bleiben bei der Berechnung der Wohnfläche unberücksichtigt ; und Balkone und Terrassen sind regelmäßig nur zur Hälfte einzurechnen.

Aus diesen Gründen heraus können sich deshalb erhebliche Unterschiede zwischen den Flächen- und Maßangaben in der Bauskizze und der maßgeblichen Quadratmeterzahl nach der Wohnflächenverordnung (WoFlV) ergeben.

Für einen Vermieter kann es ein sehr kostspieliges "Unterfangen" darstellen, die Wohnfläche ungeprüft oder anhand von Bauunterlagen in den Mietvertrag einzutragen, sollte sein Mieter die Fläche der Mietraumwohnung nachmessen und feststellen, dass die Wohnungsfläche erheblich von der Angabe im Mietvertrag abweicht. Es gilt insoweit der vom Bundesgerichtshof (BGH) festgelegte Grundsatz: Weicht die tatsächliche Wohnfläche von der vertraglich vereinbarten Wohnfäche um mehr als zehn Prozent ab, ist der Mieter berechtigt die zu zahlende Bruttomiete künftig entsprechend zu mindern ; in der Vergangenheit zu viel gezahlte Miete kann der Mieter anteilig zurückfordern und sogar fristlos das Mietvertragsverhältnis kündigen (BGH VIII ZR 142/08 - Urteil vom 29.04.2009).

 

Ein Ausmessen der Wohnung kann sich für den Mieter lohnen, zu viel gezahlte Miete kann unter Umständen für einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren vom Vermieter zurückgefordert werden.  Die allgemeine dreijährige Verjährungsfrist beginnt nämlich erst am Ende des Kalenderjahres zu laufen, in welchem der Mieter tatsächlich Kenntnis dahingehend erlangt hat, dass seine Wohnung in erheblicher Art und Weise "zu klein" ist.

Es ist im Übrigen unerheblich, ob im schriftlichen Mietvertrag die Wohnungsgröße "exakt" angegeben wurde oder nur eine "ca.-Fläche". Weicht die tatsächliche Wohnfläche um mehr als zehn Prozent ab, bestehen die Ansprüche des Mieters (BGH VIII ZR 144/09 - Urteil vom 10.03.2010).

Ebenfalls bindend sind die Angaben des Vermieters in einer Zeitungsanzeige oder in einer übergebenen Grundrissskizze zur Wohnungsgröße  – dies gilt auch dann, wenn im schriftlichen Mietvertrag gar keine Wohnfläche benannt wird. Ein Mieter kann sich bei entsprechenden Flächenabweichungen auf die vorvertraglichen Angaben des Vermieters berufen (BGH VIII ZR 256/09 - Urteil vom 23.06.2010).

 

Grundsätzlich gilt allerdings: Bevor von einem Mieter die Bruttomiete zukünftig gekürzt wird, sollte unbedingt die tatsächliche Wohnfläche der Mietraumwohung fachmännisch durch einen Bauingenieur oder Architekten aufgemessen und eine Überprüfung des Mietvertrages durch einen Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht erfolgen.

(Bearbeitungsstand März 2011)

 

DEZERNAT: RA Hunold - Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht